Sonntag, Mai 31, 2009

Ausflug auf die Pescadores-Inseln 澎湖


Lange nichts mehr von mir hören lassen, ich gebs zu, aber irgendwie war ich in den letzten Wochen einfach zu faul. Da vieles von dem, das ich schreibe, schon eine ganze Weile her ist, kann ich nicht jeden Tag sehr ausführlich beschreiben, werde aber einen Eindruck der letzten Wochen geben und einige Highlights hervorheben :-)

1.April - 4. April Penghu

Zu Beginn möchte ich etwas über unseren Ausflug auf die Pescadores-Inseln (auf chinesisch Penghu 澎湖) schreiben, eine kleine Inselgruppe im Westen Taiwans.

Morgens gegen 9 Uhr ging unser Flug vom nationalen Flughafen Songshan im Norden Taipehs. Ein sehr kleiner, niedlicher Flughafen, dessen Flugzeuge auch allesamt eher klein ausfielen, so auch unseres. Der Flug verlief problemlos und das Wetter war frisch, aber sonnig, als wir knapp eine Stunde später am Flughafen Magong landeten. Die Pension, in der wir uns für 3 Übernachtungen eingemietet hatten, liegt in der Nähe der Hauptstadt Magong und somit nur eine kurze Autofahrt vom Flughafen entfernt. Die Pension hatte glücklicherweise einen Fahrer, der uns vom Flughafen abholte, nachdem wir uns noch am Infostand reichlich mit Prospekten und Landkarten eingedeckt hatten.
Unser Zimmer war sehr günstig, aber leider nicht ganz den Fotos im Internet entsprechend, die hell beleuchtete, neu eingerichtete Zimmer versprochen hatten. Unser Zimmer hingegen war in einer Art Wellblechhütte und hatte vor allem kein Fenster! Wenigstens war es mit einer Klimaanlage ausgestattet und so beschwerten wir uns zunächst nicht, denn sauber und ordentlich war es und hatte auch ein kleines Bad, dessen Fenster wir uns allerdings mit dem Bad der Nachbarn teilen mussten. Nun ja, aber es war eben preiswert! Nachdem wir uns ein wenig eingerichtet hatten, wollten wir uns eigentlich irgendwo Fahrräder mieten. Nach einer Weile Diskussion mit der im Kopf etwas langsamen Herbergsmutter bekam Clemens ihr Fahrrad geliehen, sie nahm mich mit auf ihren Roller und fuhr zu einem vermeintlichen Fahrradverleih. Da Clemens den Weg nicht kannte, sollte sie langsam vorfahren und er mit dem Rad hinterher. Problematisch war nur, dass sie nicht wirklich langsam fuhr und der arme Clemens kauum hinterherkam und nach der Fahrt dementsprechend erledigt war. Die Frau war eben nicht so sensibel, bekam das Problem offenbar gar nicht mit. Es hob unsere Stimmung nicht gerade, dass offenbar nirgends Fahrräder vermietet wurden, sondern lediglich motorisierte Roller, für die Clemens' deutscher Führerschein jedoch nicht gültig war. Ein internationaler hätte hergemusst. Doch nach langem Hin- und Hergefrage gaben wir unsere Suche nach einem Fahrrad auf und fuhren zurück zu der Pension. Wir erzählten der Frau, dass Clemens' Führerschein ja für den schwächsten Roller gültig wäre (was ja auch mehr oder weniger stimmte, konnte halt bloß keiner lesen außer uns) und sie nahm das offensichtlich nicht so genau und lieh uns einen knuffigen, kleinen Roller für 3 Tage. Clemens musste sich nach der Fahrrad(tor)tour erstmal ausruhen und so gingen wir zurück in unser Zimmerchen und setzten uns erstmal eine Weile hin. Ein Fernseher zur Entspannung war immerhin vorhanden!
Als nächstes wälzten wir unsere Reiseführer und fuhren erstmal zu einem nahegelegenen Strand, um das Inselklima zu genießen. Langsam und mit knapp 30 fuhren wir zunächst unsicher und mit Blick nach Polizisten am Rand der Straße entlang, doch mit der Zeit gewöhnte sich Clemens an den Roller und nach einer Weile fuhren wir schon genauso professionell wie die Taiwaner stolz mit unserem kleinen, orangenen Rollerchen durch die Gegend. Am Strand war es leider so windig, dass an erholtes Liegen aufgrund von Sandverwehungen nicht zu denken war und selbst Spazierengehen erwies sich ob des Windes als anstrengend. Von Baden ganz zu schweigen. Wir ließen uns nicht entmutigen und besichtigten einige Sehenswürdigkeiten in der näheren Umgegend, wie etwa eine Nachbildung der CKS Memorial Hall in Taipeh und einige Militärfahr- und Flugzeuge, die in einem Park ausgestellt waren. Und natürlich schossen wir einige Fotos von der schönen Landschaft. Die frische Seeluft und die menschenleere Natur (Nebensaison!) war Balsam für die Seele und tat uns nach den stressreichen Wochen davor richtig gut. Einige aufregende Strandansichten und Fotos vom aufgewühlten Meer später, fuhren wir in die Stadt, wo erstaunlicherweise viel Polizei präsent war, für einen derartig kleinen Ort, die auch offensichtlich wenig besseres zu tun hatte, als abends durch die Straßen zu patroullieren. Zum Glück passierte uns nichts, doch die Angst, angehalten zu werden (als Ausländer ist man ja auch immer schon mal prinzipiell interessant) saß uns im Nacken, wenn wir mit dem Roller im Stadtgebiet unterwegs waren. Wir aßen ein wenig zu abend, schauten uns noch in der Nähe des Hafens einen alten Tempel und eine beleuchtete Brücke (die großen Touristenattraktionen der Stadt^^) an, ehe wir uns auf den Rückweg machten. Die frische Meeresluft hatte uns müde gemacht und so legten wir uns ziemlich bald schlafen.

Am zweiten Tag starteten wir eine große Erdkundungstour über die anderen Inseln der Inselgruppe, die alle durch Brücken verbunden waren, sodass man entspannt von einer Insel zur anderen fahren konnte. Unser kleiner Roller erreichte mit Rückenwind atemberaubende Spitzengeschwindigkeiten von 60 km/h! Gelegentlich machten wir halt, um schöne Aussichten zu fotografieren und kurz vor der längsten Brücke legten wir einen Stopp an einem kleinen Restaurant ein, wo es leckere Bratnudeln mit Meeresfrüchten gab. In der Umgegend des Restaurants befanden sich auch einige Touristenattraktionen, wie etwa ein Baum, der ein riesiges Dach überwucherte und so den Vorplatz zu einem Tempel beschattete. Unter dem Baumdach wurden lokale Süßspeisen und Souvenirs angeboten und wir probierten ein Eis, das aus einer lilafarbenen Kaktusfrucht hergestellt wird und typisch für Penghu ist. Es war knall-lila und schmeckte sehr lecker! Nach Besichtigung des Tempels und einigen alten Häusern (aus dem einen schaute plötzlich ein riesiges Schwein heraus und erschreckte mich fast zu Tode!) machten wir uns auf zur Bezwingung der Riesenbrücke. Da sie direkt übers Meer führte, war der Wind auf der Brücke noch stärker und blies uns fast von unserem kleinen Roller herunter!
Auf der nächsten kleinen Insel angekommen, schauten wir uns das im Reiseführer gepriesene "Whale Cave" an, wo zwar keine Wale zu sehen waren, der Legende nach jedoch mal ein Wal umgekommen sein soll. Mir gefiel die traurige Legende nicht besonders, das Whale Cave selbst allerdings, das wir nach einigem Suchen auch fanden, war sehr schön. Der Wind peitschte das Meerwasser durch das Loch, welches in weißen Flöckchen durch die Luft geweht wurde. Man musste sich regelrecht gegen den Wind stemmen, um nicht ins Meer geweht zu werden! So einen starken Wind hatte ich noch nie erlebt!!
Wieder in einem nahegelegenen Dorf angekommen, kauften wir noch ein paar Postkarten in einem Souvenirshop, ehe es weiterging zur nächsten Attraktion: einem alten Dörfchen, mit niedlichen Steinhäusern, das wirklich einen Besuch wert war! Eins der alten Häuser war so nett hergerichtet, dass man dafür ein wenig Eintritt zahlen musste, der einem von einer ganz alten, kleinen, blinden Omi abgenommen wurde, die ganz allein in ihrem Häuschen saß und auf Touristen wartete. Wirklich liebenswert! Das Häuschen hatte wirklich Charme und ließ einen erahnen, wie die Bewohner Penghus wohl mal gelebt haben. Die bunten Kacheln an den Wänden erinnerten uns ein bisschen spanische, bzw. portugiesische Architektur; ob da wohl die Portugiesen vor einigen hundert Jahren ihre Hand im Spiel gehabt haben?!
Auf dem Rückweg kamen wir an einem kleinen Aquarium vorbei, wo man sich die Wasserwelt Penghus anschauen konnte, das wir noch mitnahmen. Es war relativ klein, aber sehr liebevoll gemacht und eine nette Abrundung für den Tag. Nach dem vielen Rollerfahren tat uns auch ganz gut der Hintern weh und so unternahmen wir am Abend nichts mehr. Mit einigen Lebensmitteln vom Dorf-7/11 Supermarkt ausgestattet, verbrachten wir den Abend angenehm vor dem Fernseher bzw. Büchern.

Den dritten Tag verbrachten wir ein wenig entspannter, nahmen uns eine kleinere Tour vor. Zunächst sahen wir uns einen wirklich schönen Strand im Süden der Hauptinsel an, der den passenden Namen 白沙 Weißer Sand trug. Da wir angenommen hatten, es wäre genauso windig wie die beiden vorherigen Tage, hatten wir keine Badekleidung mitgenommen, bereuten es jedoch sofort. Überraschenderweise wehte kaum Wind, sodass es auch gleich um einiges wärmer wurde und das Wasser sehr zum Baden einlud. Wir begnügten uns dann damit, mit den Füßen im Wasser zu plantschen und den Strand zu genießen, was ebenfalls sehr schön war. Auf dem Rückweg kamen wir an einigen Tempeln vorbei, die allesamt riesig und prunkvoll waren. Wir wunderten uns, warum auf dieser kleinen Inselgruppe so wahnsinnig viele Tempel sind (in der Hauptstadt kam man auch alle 5 Minuten an einem vorbei) und wurden später darüber aufgeklärt, dass es ja auf Penghu sehr viele Fischer gibt, die natürlich alle Schutz bei den Göttern suchen, wenn sie lange auf dem Wasser sind.
Danach besuchten wir einen Ort, der mit im Wind pfeifenden Felsen gepriesen wurde. Die Felsen pfiffen leider überhaupt nicht, doch war das leise Plätschern des Meerwassers auf den ins Wasser ragenden Felsen so angenehm, dass wir für einige Zeit unsere Füße im Wasser kühlten und die Ruhe genossen. Lange hatten wir uns nicht mehr so entspannt gefühlt!

Am letzten Tag auf Penghu klapperten wir die Sehenswürdigkeiten der Hauptstadt Magong ab, unter anderem ein alter Brunnen, eine alte Straße, ein alter Tempel und kauften noch einige Souvenirs an der großen Hauptstraße. Den Rest des Vormittags verbrachten wir mit Lesen und entspanntem Rumhängen am Strand, nachmittags gegen vier ging es dann auch schon zum Flughafen, wo der Fahrer der Pension uns netterweise noch einmal hinfuhr. Ein wirklich lohnenswerter Ausflug auf eine wirklich schöne Insel! Penghu ist vor allem in der Nebensaison, wo es kaum Touristen gibt, ein sehr schöner Ort für einen erholsamen Urlaub. Lediglich ein bisschen wärmer hätte es sein können, sodass man mehr im Meer hätte baden können. Aber insgesamt eine echt schöne Reise!

Legende zu den Bildern:

1) Flughafen 馬公 Magong
2) Clemens mit unserem Roller
3) Strand 隘門 Aimen
4) Stein mit dem Namen des Strandes
5) Militärflugzeuge, in einem Park ausgestellt
6) Clemens und ich an einem windigen Strand
7) Baumüberwuchertes Tempeldach

8) Das "Whale Cave"
9) Traditionelles Dorf
10) Schildkröten im Aquarium
11) Strand irgendwo auf Penghu

3 Kommentare:

Christoph hat gesagt…

sehr interessanter Bericht über ein Fleckchen Erde, den die wenigsten Menschen jemals betreten werden und die Fotos geben wirklich toll die Stimmung wieder. Besonders das Foto am windigen Strand. Lieben Gruß nach Taiwan...

Nitram hat gesagt…

Hi Jazzie,
falls Sie es noch nicht sind, sollten Sie journalistisch arbeiten. Sie haben einen so erfrischend locker seriösen Stil, der zum weiterlesen anregt. Ich bin auf die Seite gekommen, weil ich vor Jahren einmal die Pescadores besucht und deshalb noch mal im Net nachgeschaut habe. Leider nimmt sich Festland-China kein Beispiel an dieser positiven Gesellschaft. Bedauerlich.
Ihnen noch eine positive Zeit.
Nitram L.

Min Min hat gesagt…

Vielen Dank für Ihren Kommentar!
Das Blog-Tagebuch führe ich eigentlich nur aus Spaß, aber wer weiß, vielleicht wird ja mal mehr daraus?!
Es freut mich, dass ich Ihnen durch meine Erzählung die Erinnerung an die Pescadores-Inseln auffrischen konnte. Eine wirklich schöne Inselgruppe!!!